Donnerstag ist Fleischtag.
Fleischarme Ernährung in Kochbüchern vor 100 Jahren
Was is heut für’n Tag,
heut is Montag,
heut is Knödltag.
Wann alle Tag
Montag Knödltag wär,
dann war’n ma lust’ge Leut.
Das Kettenlied dekliniert die Wochentage durch. Der Sonntag fasst alle Tage zusammen:
Was is heut für’n Tag,
heut is Sonntag,
heut is Lump’ntag.
Wann alle Tag
Montag Knödeltag,
Dienstag Nudeltag,
Mittwoch Strudeltag,
Donnerstag Fleischtag,
Freitag Fasttag,
Samstag Zahltag,
Sonntag Lump’ntag wär,
dann wär ma lust’ge Leut.
Die kulinarische Woche im Liedtext ist abwechslungsreich, fleischarm und gemüsefrei. Das ist vermutlich typisch für eine einfache süddeutsche Küche bis Mitte des 20. Jahrhunderts. Man legt Wert auf sättigende Mehlspeisen, mit Fleisch muss man haushalten und Gemüse ist nicht der Erwähnung Wert. Der Sonntag war sicher wie der Donnerstag ein Fleischtag. Doch das Lumpen (oder das Saufen laut einer anderen Textversion) ist dem Volkslied wichtiger.
Die bürgerliche Küche um 1900 sah anders aus. Einen Eindruck vermittelt der Speisezettel im Großen Praktischen Kochbuch der Herrschaftsköchin Marie Buchmeier. Sie schlägt im Monat April für den Familientisch vor (S. 733):
Kräutersuppe – Englischer Braten oder Junge gelbe Rüben mit kleinen Kalbsfrikandeaus oder Taubenragout mit Butterteigkrapfen oder Gefüllte Lammbrust mit Salat – Kartoffelpudding
Hopfensprossensuppe – Fleischpastetchen – Gedämpftes Filet mit jungen Gemüsen – Äpfelküchel
Verlorene Eier in klarer Suppe – Gespickter Hecht mit Sardellensauce oder Paniertes Brustkernstück mit kaltem Meerrettich oder Linsengemüse mit geräucherten Bratwürsten – Schmalztorte
Auf einem gut-bürgerlichen Mittagstisch sollte auch Gemüse stehen und jeder Tag war ein Fleischtag, wenn er nicht ein Fischtag war. Das waren die Vorgaben, die die Hausfrau eines bürgerlichen Haushalts ihrer Köchin gab. Wie aber sah es in einem Arbeiterhaushalt aus?
[weiterlesen hier auf Papier:]
journal culinaire 32 ‚vegetarisch und vegan‘ , S. 25f.