Letzte Woche wurde ich vernetzt. Mit Dr. Marta Sikorska von der Fakultät für Geschichtswissenschaften an der Nikolaus-Kopernikus-Universität in Toruń. Sie forscht u. a. über polnische und deutsche historische Kochbücher. Ihr Schwerpunkt liegt auf früheren Jahrhunderten. Eine Frage, die sie umtreibt sind Gerichte polnischer Art in deutschen Kochbüchern. Länderattribute gehören zu einer Küche, die etwas auf sich hält. Mein Schwerpunkt sind historische Kochbücher des 20. Jahrhunderts. Ich habe für Frau Sikorska nach Rezepten „polnischer Art“ gesucht.
Für die Biografie eines Kochbuchs. Das Bayerische Kochbuch erzählt Kulturgeschichte habe ich die Registereinträge aller Ausgaben erfasst. Nun kam die Sammlung mal wieder zum Einsatz. Das Bayerische Kochbuch mit seinem Vorläufer dem Kochbuch des Bayerischen Vereins für wirtschaftliche Frauenschulen auf dem Lande gibt es seit über 110 Jahren. Mal schaun, was ich finde.
Rezepte mit dem Attribut polnisch sind im Bayerischen Kochbuch erst seit knapp 65 Jahren belegt. In der 27. Auflage von 1958 taucht zum ersten Mal ein Polnischer Blumenkohl im Register auf. Ein Schnellgericht, in dem der Blumenkohlkopf im Ganzen gekocht wird und heiß mit gehackten gekochten Eiern, geriebenem Käse und Petersilie bestreut und mit flüssiger Butter übergossen wird.
1971 kommen zwei weitere Rezepte polnischer Art hinzu: Polnischer Karpfen, der in oder mit brauner Soße gereicht wird und Polnische Soße als selbständiges Rezept. Im Soßenrezept wird wiederum auf den Karpfen verwiesen: „zu gekochtem Karpfen“ liest man am am Ende der Zubereitung. Auf der Basis einer dunklen Einbrenne wird die Polnische Soße mit geriebenen Lebkuchen, dunklem Bier, gestifteten Mandeln, Rosinen und Rotwein zubereitet. Diese Soße reicht man entweder zum gekochten Karpfen oder gibt die rohen Karpfenstücke in die Soße zum Garen. Demnach handelt es sich eigentlich um ein Rezept mit zwei Einträgen im Bayerischen Kochbuch. Aber wer weiß, vielleicht schmeckt die winterliche Soße auch zu Fleisch oder Gemüse. Sollte man ausprobieren.
Nun stellen sich Fragen: Gehörten oder gehören die Rezepte tatsächlich zur polnischen Küche? Wie haben sie den Weg ins Bayerische Kochbuch gefunden? – Ich bin überfragt.