Kriegskochbuch
des Vaterländischen Frauenvereins
Provinzialverein Berlin
von Frau Emma Wiedermann
Hugo Bermühler Verlag, Berlin-Lichtenfelde
1915
Schrift Fraktur
ca. 13 x 18 cm, Broschur, Umfang 149 S.
Standort Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Signatur Krieg 1914/6227
Die Farbe des Umschlag ist ein verblasstes Altrosa. Die mittig platzierte Titelei umrahmt eine Zeichnung von H[ans] Baluschek. Ein Künstler der Berliner Secession. Er lebte von 1870 bis 1935. Am unteren Rand sehen wir Häuser einer Kleinstadt. Der aus den Schornsteinen aufsteigende Rauch verwandelt sich in eine paarige Früchtegirlande, die im Siegerkranz zusammentrifft. Die hungernde Bevölkerng möge sich in ein Schlaraffenland wegträumen. Auf dem rückwärtigen Umschlag wirbt der herausgebende Verein für weitere eigene Publikationen. Die Schrift ist Fraktur.
Laut Titelblatt ist Frau Emma Wiedermann, die Vorsteherin des Lehrerinnenseminars, die Autorin des Kriegskochbüchleins. Hoppla. Sie nennt sich Frau und war im Schulberuf leitend tätig: Ungewöhnlich! Damals mussten Lehrerinnen zölibatär leben. Der herausgebende Vaterländischen Frauenverein wurde 1866 gegründet und war einer der Vorläufer des Roten Kreuzes. Der dezentral organisierte Verein richtete Lazarette für verwundete Soldaten ein, kümmerte sich um Säuglings- und Kinderpflege sowie Kriegsküchen. Im Ersten Weltkrieg hatte er viel zu tun. Ein Kriegskochbuch herauszugeben, lag da nahe.
Der Zweck des Kriegskochbuches ist, die Tagesmahlzeiten in einer Weise zusammenzusetzen, daß mit beschränkten Geldmitteln und der Anpassung an die Forderungen unseres militärischen Oberkommandos jede Hausfrau ihre Familie vor Unterernährung bewahrt. Aus diesem Grunde ist die Abfassung tabellenartig.
So beginnt das Vorwort und Wiedermann hält Wort: Die Seiten 1 – 130 enthalten Speisezettel in Tabellenform. Die Kochrezepte drängen sich auf den Seiten 131 – 149. Doch vor her kann man sich in einer knappen Ernährungslehre über den individuellen und durchschnittlichen Bedarf an Nährstoffen informieren: Der tägliche Bedarf eines Erwachsenen beträgt zirka 75 g Eiweiß, 56 g Fett und 400 g Kohlehydrate. Die Mengen in den Tabellen sind für 4 Erwachsene, oder 2 Erwachsene und 3-5 Kinder gedacht und zum Kochstil heißt es nur, die Gerichte sollen schnell und mit wenig Mühe fertig gestellt sein. Nüchtern werden Ersatzstoffe erläutert und am Ende den mitwirkenden Schülerinnen gedankt. Im Anschluss folgen die angekündigten tabellarischen Speisezettel von Mai bis einschließlich Dezember mit jeweils vier Wochenplänen. Eine Trennung zwischen Speisezettel und Zubereitungsteil haben wir schon bei der Rheinischen Küche in der Kriegszeit gefunden. Um einen Eindruck zu vermitteln, hier eine Beispielseite für den Juli:
Die Spalten heißen Gericht, Nährwerte, Preis und die Zeilen der Tabelle I. Frühstück, II. Frühstück, Mittagessen, Vesper, Abendbrot.
Die Gliederung der Kochrezepte ist vertraut: Suppen (beginnend mit Obstkaltschalen und endend mit herzhaften warmen Suppen), dann Fleisch (Kalb, Rind, Schwein, Wild, Geflügel, Fische), Gemüse (dazu gehören auch Kartoffeln und Sauerampfer), Salate, Klöße dann folgen Warme Speisen (In Süddeutschland würde man Mehlspeisen sagen): Omelette, Plinsen, Makkaroni mit Schinken und anderes mehr. Es schließen sich die Kalten Speisen an, soll heißen Kompotte, Puddings et cetera. Nun fehlen noch Kuchen und Tunken. Ein ausgeklügeltes Register mit Fußnote erschließt den Inhalt: * Die fettgedrückten Ziffern geben die Seiten der Kochrezepte an, die anderen verweisen auf die Monatsküchenzettel. Ganz schön anspruchsvoll für ein Kriegskochbuch, dieses Register. Motivierend wirken die Tabellen auf mich nicht. Die Rezeptauswahl fällt mir schwer. Eine Obstsuppe oder Blutsuppe mit Hafergrütze? Nein diesmal