Weihnachts- und Teegebäck für die Kriegszeit
66 Backregeln
von Marie Buchmeier
Regensburg
Druck und Verlag von Josef Habbel
Schrift Fraktur
ca. 11 x 17 cm, Broschur, Umfang 32 S.
Standort Standort Staatliche Bibliothek Regensburg
Signatur Hab. 1599
Einst war das Kochbüchlein in orange Pappe gebunden. Mittlerweile ist die Farbe verblasst. Die Umschlaggestaltung ähnelt den anderen von Buchmeier bei Habbel verlegten Kriegskochbüchern. Das schmückende Ornament ist hier vergleichsweise groß. Ein Preis ist nicht bekannt, die Schrift Fraktur.
Hier nun das dritte Kriegskochbuch von Marie Buchmeier. Laut Titel enthält es Rezepte für die Kriegszeit. Das Büch ist nicht nur im Krieg geschrieben, der Krieg ist der Anlass für das Buch. 66 Backregeln stellt die Autorin vor. Keine Sorge – es sind keine abstrakten Regeln, sondern handfeste Rezepte.
Wie schon beim Einmachkochbuch für die Kriegszeit verwendet Buchmeier nicht viel Sorgfalt auf die Konzeption ihrer Rezeptsammlung. Kein einleitendes Vorwort schafft Orientierung, die unnummerierten Rezepte kommen ohne erkennbare Gliederung aus. Da das Büchlein mit seinen 32 Seiten recht übersichtlich ist, findet man sich blätternd trotzdem schnell zurecht. Den Zugriff auf die Rezepte regelt ein Register.
Nun zum Inhalt. Das schmale Büchlein beginnt mit Grundrezepten: Mürber Teig, Butterteig, Bröselteig, Ganz billiger Teig. Sparsam ist tatsächlich nur das letztgenannte Rezept. Die anderen geizen nicht mit Butter und Eiern. Es folgen Gebäck zum Verschicken ins Feld, Kriegskuchen, Kriegskartoffeltorte, Hindenburg-Plätzchen und Kriegsplätzchen. Ich frage mich, welche Wirkung das Wort Krieg im Rezeptname haben sollte: Vorsicht, erwarte dir nicht zuviel! oder gar: So was gibt’s nur im Krieg! Uns Nachgeborenen schaudert es.
Ab Seite 16 beginnen die Weihnachtsrezepte: Zimtringe, Anislaibchen [Warum nennt die in Landshut geborene Buchmeier das Gebäck nicht Anislaiberl? Wie groß ist das Verbreitungsgebiet?], Weihnachtsbrezeln, für den Weihnachtsbaum, Schokoladeplätzchen für den Christbaum und Christbaumgebäck. Zwischendrin werden Prophetchen und Freimaurer gebacken. Ein illuster Haufen ohne Grenzen unterm Weihnachtsbaum und ein Vorbild für uns heute.
Das Büchlein steht für das Alter, die Erfahrung und den Eigensinn der Autorin. Sie kann eine zeitgemäße Backrezeptsammlung in kurzer Zeit zusammenstellen und sie traut es sich. Es brauchte auch Eigensinn, das zu tun. Denn Gebäck galt als Luxus im Ersten Weltkrieg, den man sich angesichts der kämpfenden Soldaten nicht zu gönnen habe. Marie Buchmeier ignoriert diese Vorgabe.
Anders als beim Einmachkochbuch merkt man vielen Rezepten die Not an. Zucker gibt es weiter reichlich, aber vor allem Weizenmehl ist rar. Die nötige Menge wird häufig nur durch Beigaben von Hafer- und Gerstenmehl erreicht. Hart gewordenes Schwarzbrot gehört zu den Zutaten des Kleinen Gewürzkuchens. Karge Kriegsrezepte wechseln sich mit solchen aus üppigen Friedenszeiten ab. Das ist klug: Die Leserin backt die Kriegsrezepte und freut sich mit den reichhaltigen Rezepten auf ein friedliches Morgen.
Das Beispielrezept sind Weihnachtsbrezeln. Mir scheint der Teig mit 175 g Butter auf 250 g Mehl und zwei Eiern kein Sparrezept zu sein. Dass er aber eines ist, belegt die Vorkriegsversion aus dem Großen Praktischen Kochbuch der Autorin. Der Vergleich zeigt die Unterschiede und wie nachlässig das Kriegsbackbuch gemacht ist: Der Zucker wurde ganz vergessen. Ausgerechnet die Zutat, an der kein Mangel herrschte.
Bemerkenswert: Die Melonenkerne zum Verzieren! Melonen wurden bereits im Einmachkochbuch verarbeitet.