Anstoß für den Besuch im Deutschen Buch- und Schriftmuseum Leipzig war eine Bemerkung von Rudolf Zäch. In seinem Vorwort von 1908 zum „Praktischen Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche“ von Henriette Davidis heißt es, das Kapitel „Tropische Küche“ habe er auf Wunsch des Verlags geschrieben. Laut Titelblatt hat der Küchenmeister Rudolf Zäch das Kochbuch „vollständig neu bearbeitet und erweitert“. Soweit ich beim Blättern sehe, wurden die Rezepte von Davidis nicht verändert (Hier eine verlässliche Aussage zu treffen, würde einige Arbeit kosten – und das ist nicht meine Spielwiese). Zächs Anteil an dem Buch liegt in einem umfangreichen Anhang. Zu diesem gehört auch besagtes Kapitel „Tropische Küche“ und das interessiert mich.
Aufgrund dieses Hinweises habe ich nach Geschichte und Archivgut des Ensslin & Laiblin Verlags gesucht. Beim Verlag selbst konnte ich nicht fragen, weil es ihn seit 2000 nicht mehr gibt. Seitdem ist sein Kinder- und Jugenbuchprogamm im Arena Verlag aufgegangen. Bei der Archivrecherche bin ich schnell auf das Deutsche Buch- und Schriftmuseum gestoßen, das zur Deutschen Nationalbibliothek gehört. In dessen Bestand befindet sich auch Archivgut von Verlagen. Meine Anfrage ans Museum habe ich dann ausgeweitet und nicht nur nach Archivgut zu Ensslin & Laiblin gefragt, sondern auch nach dem weiterer Verlage, die Anfang des 20. Jahrhunderts vergleichbare Kochbücher verlegten. Binnen zwei Tagen erhielt ich eine freundliche Antwort. Verlagskataloge von Ensslin & Laiblin und Dietrich Reimer (in dem 1907 das Kochbuch für die Tropen von Antonie Brandeis erschienen ist) gehörten zum Bestand des Musums, ich könne sie gerne einsehen und auch selbst via die online-Ausleihe bestellen. Freude meinerseits!


Jede Bibliothek hat ihre eigene Softwareoberfläche, so dass der Weg von der Recherche über die Bestellung zur Ausleihe schon etwas holprig war und ich brauchte hier und da Hilfestellung. Am Schluss hat alles super geklappt – am Bildschirm.
Bis ich dann am Deutschen Platz 1 in Leipzig im modernen Museumslesesaal die bestellten Verlagskonvolute an der Ausleihe abholen konnte und mich unter den strengen und freundlichen Augen der Aufsicht an die Sichtung machte – das hat eine Weile gedauert. Das Haus ist groß.


Die zum Teil weit über 100 Jahre alten Verlagskataloge und Prospekte sind fragil und aufregend. Die ferne Zeit wird nahbar, wenn man durch Empfehlungen für die Urlaubslektüre oder für den weihnachtlichen Gabentisch blättert.
Um die Zeit gut zu nutzen und nicht zu ermüden, muss man sich vorher genau überlegen: was will ich, was suche ich. Und die Fragen bei der Durchsicht im Hinterkopf haben und gleichzeitig auch ein bisschen vergessen. Sonst ist man blind für unerwartete Überraschungen – serendipity.
Das Ergebnis des Nachmittags im Museumslesesaal bestätigte meine Erwartung. Der Ensslin & Laiblin Verlag hatte Kochbücher im Programm und warb für die Neuausgabe des von Zäch bearbeiteten „Praktischen Kochbuch“ von Davidis. Im Programm des wissenschaftlichen Dietrich Reimer Verlags war ein Kochbuch ein Fremdkörper, den er nicht in Szene setzte.

Das war mein Besuch im Datenspeicher – im Deutschen Buch- und Schriftmuseum Leipzig. Gerne hätte ich einen Grund und Zeit gehabt, im Lesesaal der Deutschen Nationalbibliothek zu sitzen. Das Gebäude von 1916 ist wunderschön und atmet den Geist der Zeit einschließlich des Frauenbilds …

Rechte der Fotos: Regina Frisch.
Signaturen der Verlagskataloge: Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig, Bestand Verlagskataloge, Signatur: Bö-VK/Reimer, Dietrich und Signatur: Bö-VK/Ensslin & Laiblin